In der Regel trete ich mit meinem großen Theateraufbau ebenfalls mit Solo-Stücken auf. Manchmal gibt es aber die Gelegenheit, den eigenen Wahnsinn zu verdoppeln oder zu vervielfachen. Oder ihn fröhlich zu teilen.
Ich spiele in offener Spielweise die großen Klappmaulpuppen. Das Programm umfasst Impro-Theater, Märchen und Spielepisoden mit rotem Faden - alleine oder eben manchmal auch zu zweit.
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Es war einmal ein Hahn, der stolz in höchster Höhe in den Alpen lebte. Er hielt sich für den schönsten Hahn des Universums und war froh, keine anderen Hähne neben sich dulden zu müssen. Der Nachteil dieses Lebens war allerdings, dass er nicht einmal ein Huhn an seiner Seite hatte. Da war es Essig mit der Familienplanung. So beschloß der Hahn, selbst ein Ei zu legen, was ihm erstaunlicherweise, nach wahrscheinlich unfassbaren Bemühungen, tatsächlich eines Tages gelang! 
Es wurde ein stattliches, schwarzes Ei geboren!
Doch, ach, es kullerte den Berghang hinab und er konnte es nicht wiederfinden.
Das Ei indes landete unversehrt in einem See und blieb im Sand, gleich am Rande des Sees stecken. Dort, im weichen Sand, unter der Oberfläche des von der Sonne gewärmten Wassers, regte sich langsam Leben in ihm. Und eines Tages, als die Sonne im Sommer am höchsten stand, knisterte die Eierschale, es bildeten sich Risse. Mit einem "Knack" flog der obere Teil der Schale davon. Ein kleines Wesen rekelte sich prustend aus dem Rest des schwarzen Halbrundes und spuckte angewidert das Wasser aus, das es geschluckt hatte. Der erste Tatzelwurm erblickte das Licht der Welt!
Doch was für ein seltsames Wesen das war! Der puschelige Kopf ähnelte dem eines winzigen Löwen. Es hatte auch entsprechende Tatzen. Doch auf dem Rücken hatte es zackige Schuppen und der Schwanz sah dem eines Drachen nicht unähnlich. Es glitzerte rot in der Sonne und sah mit seinen 20 Zentimetern klein und verloren aus an diesem großen Bergsee unter dem weiten Berghimmel.
Der kleine Tatzelwurm streckte sich noch zweimal wohlig und räkelte sich in der Sonne. Doch der große Bergadler hatte ihn schon erspäht und dachte: "Das ist mal ein netter Snack zwischen Mittag- und Abendessen!" Er stürzte aus dem Himmel auf den kleinen Wurm nieder. Dem fuhr der Schreck in die Glieder und er begann zu laufen was das Zeug hielt. Glücklicherweise gibt es in den Bergen unzählige Felsspalten, in denen er sich verstecken konnte. So entkam er dem Adler. In diesen Spalten und Löchern findet er seither Unterschlupf, wenn er müde ist von seinen Abenteuern. Also fasse in den Bergen lieber nicht einfach so in eine solche Spalte hinein, denn der Tatzelwurm mag es garnicht, im Schlaf gestört zu werden.
Doch nicht jeder Tatzelwurm ist klein und bleibt klein. Wie die menschliche Seele wächst er, wenn er den Raum dazu bekommt.
Er kann zu einem riesigen Drachen werden, wenn er statt der kleinen Spalten und Löcher eine große Höhle findet, die gerade nicht von einem Bären besetzt ist. Er macht es sich dort gemütlich und wächst, bis es nicht mehr geht. In der Nacht spuckt er sich dann ein kleines Feuerchen, um es warm und gemütlich zu haben. Da schläft er selig, träumt vom Sonnenschein und schnarcht kleine rote Funken...

Autorin: Sabine Graumann, 2023